WOLFGANG HAHN


 

In Deutschland kann man sich bekanntlich zu beinahe allem ausbilden lassen - sogar zum Künstler. Eine solche Ausbildung sollte naturgemäß möglichst umfangreich sein, erschöpfend darf sie jedoch nicht sein - denn ein fertiger, ein ausgelernter Künstler ist keiner mehr.
Und: Diese Lehre verlangt nach Lehrgeld, auch wenn ebendieses heute nurmehr symbolisch ist und sich als wechselseitige Nutznießung zwischen Meister und Schüler darstellt.
In diesem Sinne kann Wolfgang Hahn eine profunde künstlerische Ausbildung mit drei Dreh- und Angelpunkten nachweisen.
Nach dem Studium an der PH Aachen bei Joachim Bandau (Studienfach Skulptur) wechselte er an die GH Kassel zu Harry Kramer (Fokus Experiment). Ein Stipendium des DAAD führte ihn in die USA, u.a. an das Center for Advanced Visual Studies in Cambridge/Mass., wo Otto Piene (Medium Licht) lehrte.
Seit 1976 arbeitet Wolfgang Hahn grenzüberschreitend in den genannten Bereichen, dabei in den unterschiedlichsten Medien und mit den scheinbar abseitigsten Materialien: Welterweiterung durch Randarbeit!
Sein zentrales künstlerisches Ziel ist es, das "missing link", die inhärente Verknüpfung zwischen Zeichnung und Skulptur zu finden - oder zu erfinden.
Sein kontinuierliches, experimentierfreudiges Spiel mit diesem Thema läßt sich bis dato in sieben Werkgruppen fassen.
Seine frühesten Arbeiten aus den neunzehnhundertsiebziger Jahren sind gemodelte Wellpappekartons in Form menschlicher Silhouetten. Sie spielen mit dem Verhältnis von Innen und Außen, Flächen und Volumen, positiver und negativer Form und der Verbindung von amorpher Form und geometrischer Kante.
Bei den "Leimbildern" der frühen achtziger Jahre beschichtet Hahn aufgespannte Leinwände mit honigfarbenem Fliegenleim. Auf der zunächst monochromen Fläche bildet sich mit der Zeit die Atmosphäre des Raumes ab. So entwickelt sich das Bild quasi selbst und aus dem örtlichen Zufall, ohne Einwirkung des Künstlers - indem Staub, Insekten und andere Partikel der Luft sich für einen gewissen Zeitraum auf der Oberfläche fixieren. Spätestens nachdem der Leim getrocknet ist, fallen sie teilweise wieder ab. Das Bild löst sich jedoch nicht gänzlich auf, vielmehr bleiben Spuren von Werden und Vergehen. Für Wolfgang Hahn spiegeln diese zwischen Bild und Objekt angesiedelten Werke auch und gerade den Zyklus des Leben
wieder, wenn auch mit umgekehrtem Vorzeichen: Im Werden durch Vergehen.
In den achtziger Jahren sind Skulpturen aus Legosteinen ein zentrales Thema seiner Arbeit. Brücken, Torbögen, Dachkonstruktionen variieren und diskutieren erneut das Verhältnis von Innen- und Außenraum, von Zwei- und Dreidimensionalität. Einzelne Arbeiten dieser Reihe aus transparenten Legosteinen beleuchtet er von Innen mit Schwarzweiß-Röhrenfernsehern. Diese lösen mit ihrem eigentümlichen, diffusen Licht die fixierte Geometrie der Figuren quasi auf.
Parallel dazu unternimmt Wolfgang Hahn eine Reihe von Selbstexperimenten:
so entstehen die Laufband- und die Skateboard-Zeichnungen.
Mit seinen 3D-Arbeiten gelingt Hahn am anschaulichsten - im Sinne des Wortes - die Verbindung, ,ja die Verschränkung von Zeichnung und Skulptur. Geradezu magisch erwachsen für den mit einer 3D-Brille ausgestatteten Betrachter aus zweidimensionalen Zeichnungen dreidimensionale Körper, die sich mit seinem Blick in verschiedene Richtungen bewegen, wobei sie ihre Form permanent verändern, um zum Schluss - mit dem Abnehmen der Brille - wieder in der Fläche zu verschwinden: das "missing link" als Phantom!
Aktuell beschäftigt sich Wolfgang Hahn mit "Figuren" und - erstmals - mit "Möbeln": Sitze und Bänke aus Lavagestein - durchweg nach konstruktiven Prinzipien.
Die Figuren hingegen basieren zumeist auf der Form schematisierter menschlicher Körper, die - ähnlich wie im Baukastensystem - ineinander gesteckt werden können. Dabei verlieren sie ihre an sich flächige Erscheinung und bilden miteinander multiple skulpturale Formen.
Auch hier wird ein wesentliches, bipolares Charakteristikum seiner Arbeiten deutlich: die Reduktion der Form auf das Unverzichtbare als das Wesentliche und das System des Bauens als vitale Kernidee.
Da Wolfgang Hahn seine Werkthemen spielerisch durchdekliniert, treten bei ihm neben den ernsten Absichten der Kunst auch ihre zumeist verborgenen, unernsten Facetten zutage. Es ist diese Gleichzeitigkeit von "high and low", die seiner Arbeit das Prädikat "Ironische Abstraktion" verleiht.


Adolf H. Kerkhoff 2013: Wolfgang Hahn - Sein durch werden

 
   


Kontakt:

Wolfgang Hahn

Beecker Straße 76
41179 Mönchengladbach
Tel.: 02161 - 46 74 54

Atelier:
Steinmetzstraße 31, im Hof links,
41061 Mönchengladbach

Email: info@wolfgang-hahn.com

 


22/05/13